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Das Geburtstrauma verarbeiten

Dieser Eintrag gehört chronologisch gesehen eigentlich vor die Blogs in "Reise 2", thematisch habe ich ihn jedoch in diese Kategorie sortiert, weil ich finde, dass er ein Teil meiner Entwicklungsreise ist.

Wie ich zuvor schon beschrieben habe, war mein Kinderwunsch unmittelbar nach der Geburt meines Sohnes direkt wieder riesig! Ich fand in dem Moment zwar alles schrecklich, aber ganz tief aus meinem Inneren drang eine nahezu überwältigende Sehnsucht nach noch einem Kind zu mir nach außen. Diese intensive Sehnsucht verdeutlichte mir sehr schnell, dass ich aktiv werden musste, um meine unschöne Geburtserfahrung aufzuarbeiten, damit ich überhaupt offen sein kann für neues Leben.

Ich habe mir immer gerne Videos über Geburtserfahrungen auf YouTube angeschaut und so kam es, dass ich auf eine "Online-Hebamme" gestoßen bin, die zufällig gerade ihren Intensiv-Kurs "Angstfrei gebären" bewarb, der sich nicht nur an Schwangere, sondern eben auch an Frauen mit Kinderwunsch richtete. Ich hätte vorher gar nicht zu hoffen gewagt, dass es ein solches Angebot überhaupt gibt. Ich meldete mich sofort für einen Termin zum Vorgespräch an. Bei einem Telefonat schilderte ich meine Geschichte und meine Ängste und wurde daraufhin in den Kurs aufgenommen.  Und so kam es, dass ich in einer Gruppe mit gleichgesinnten Frauen und eben der besagten Hebamme in wöchentlichen Zoom-Meetings und durch die Bearbeitung von Modulen mein Trauma aufarbeiten konnte. Es gab auch eine WhatsApp-Gruppe und eine Facebook-Gruppe zum Austausch, was meine Wahrnehmung nach aber eher weniger genutzt wurde. 

Ich rekonstruierte meine Geburtserfahrung mithilfe des Geburtsberichts, den ich mir von der Klinik zusenden ließ (und der unvollständig war, wie ich in einem früheren Blog schon erzählte habe). Ich lernte, was ich alles nicht hätte "über mich ergehen lassen" müssen, welche Freiheiten ich gehabt hätte, selbst zu entscheiden. Und vor allem arbeitete ich an meinem Mindset. Diesen Begriff hatte ich vorher zwar schon gehört, aber mir war nicht bewusst, wie mächtig er ist. Alles, was man so glaubt, kann einen ganz schön limitieren. Zum Beispiel dachte ich immer, man muss sich im Krankenhaus den Hebammen und Ärzten "unterordnen", weil die am besten wissen, was zu tun ist. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich alleine die kompetenteste Person bin, wenn es um mich und mein Ungeborenes Baby geht. Ich darf auf meine Intuition vertrauen und meine eigenen Entscheidungen treffen. Welche Freiheit man eigentlich hat, eine Geburt selbst zu gestalten, war mir zuvor gar nicht bewusst. 

An dieser Stelle möchte ich deutlich sagen, dass ich keinesfalls die Kompetenz von Hebammen, Ärzten und Klinikpersonal anzweifle. In Notfällen sind sie der richtige Ansprechpartner und es ist gut, dass es sie gibt. Mir geht es nur darum, dass eine Geburt in der Regel keiner medizinischen Unterstützung bedarf, sonst wären wir ja schon lange, bevor die moderne Medizin sich etablierte, ausgestorben. Und in diesen normalen Geburten ohne Komplikationen sollte eine Frau selbst entscheiden dürfen, was sie für sich und ihr Kind möchte und was nicht. Sie sollte keine PDA aufgeschwatzt bekommen, wenn sie das nicht möchte, nur weil die Klinik dann etwas abzurechnen hat. Gleiches gilt für unnötige Dammschnitte und all die anderen Interventionen, die man z.B. durch Änderung der Position oder manchmal auch einfach mehr Ruhe und Entspannung vermeiden könnte. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass das wichtigste Werkzeug einer Hebamme, der Stuhl, auf dem sie sitzt, ist. Oder so ähnlich. Es bedeutet, im Idealfall ist sie einfach nur anwesend, aber lässt die Frau in Ruhe. Wenn es einen Grund gibt, ist sie da, um einzugreifen. Aber normalerweise hält sie sich im Hintergrund. Es wäre schön, wenn dieses Prinzip auch verstärkt in Kreißsälen gelebt werden würde. Leider sind die Arbeitsbedingungen für Hebammen gelinde gesagt oft katastrophal, was es für sie auch mehr schwierig macht, gelassen und ohne Zeitdruck für die Gebärenden dasein zu können, weil sie mehrere Geburten zeitgleich betreuen müssen. Und mir scheint, dass die Durchschnittsfrau heutzutage eher durch unrealistische Geburten in Filmen, die fast immer unter großen Schmerzen in der Käferposition stattfinden, geprägt wird, als durch echte Informationen von Experten. Wenn jede Frau bestens aufgeklärt, mental gut vorbereitet und selbstsicher in ihre Geburt ginge, sähe die Situation wahrscheinlich schon ganz anders aus. Ich kann jeder Schwangeren nur raten, sich frühzeitig intensiv mit diesem Thema zu befassen und ich kann auch nur empfehlen, sich Hilfe zu holen. Es gibt diese Hilfe nämlich und es gibt keinen Grund, diese nicht anzunehmen.

Im Rahmen des erwähnten Kurses habe ich meine absolute Traumgeburt entworfen und an meinem Mindset gearbeitet, sodass ich mir sicher bin, entspannt und gut vorbereitet in die nächste Geburt gehen zu können. Man kann sogar sagen, ich freue mich schon richtig darauf, das Erlernte in die Praxis umzusetzen und eine selbstbestimmte Geburt ohne Interventionen erleben zu können.

Jetzt habe ich nur leider das Problem, dass ich nicht ohne weiteres schwanger werden kann...

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