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Der zweite Kryo-Versuch

Warum der erste Versuch fehlgeschlagen war, wurde mir kurze Zeit später klar, als ich in meiner rechten Brust einen Knoten ertastete. Immer auf der Suche nach Gründen für das, was geschah, schien es mir wie Schicksal. Sollte da tatsächlich etwas sein, das einer Behandlung bedurfte, wäre ich dabei besser nicht schwanger. Also musste ich das klären. Ich dachte zunächst, dass meine Ärztin in der Kinderwunschklinik mir Entwarnung geben würde. Immerhin hatte ich ja künstliche Hormone eingenommen und da konnte es doch sicher zu solchen ungefährlichen Veränderungen kommen, oder? Aber leider verwies sie mich nur an meine Gynäkologin, wo ich das schnellstmöglich abklären lassen sollte. Dort bekam ich auch super schnell einen Termin, was mich schon ein bisschen verängstigte. Ich war ja immer noch der Meinung, dass das bestimmt eine harmlose Nebenwirkung der Kinderwunschbehandlung war. Die Frauenärztin jedenfalls fand beim Abtasten nichts Beunruhigendes, konnte diese Entwarnung im Ultraschall jedoch nicht bestätigen. Sie sagte, was sie tastete und was sie bei der Sonographie sah, würde nicht zusammenpassen und stellte mir eine Überweisung in die Radiologie aus, damit ich eine Mammographie machen lassen konnte. Für mich war das in dem Moment schon fast eine Krebsdiagnose. Ich fuhr noch am selben Tag in die empfohlene Radiologiepraxis, um mir vor Ort einen Termin zu besorgen. Die freundliche Dame am Empfang hatte Mitleid mit mir. Vielleicht, weil ich so besorgt aussah und so jung war (viel jünger als die meisten anderen Patienten, die sich dort angetroffen hatte), oder vielleicht, weil ich meinen kleinen Sohn auf dem Arm trug. Jedenfalls gab sie mir gleich für den nächsten Morgen einen Termin. Ich hatte Glück, weil gerade zuvor jemand abgesagt hatte, und ich dadurch reinrutschen konnte. Das kam mir wieder sehr schicksalshaft vor. 

Der Termin war am nächsten Morgen schon um 7 Uhr. Meine liebe Schwester passte in der Zeit auf meinen Sohn auf, damit mein Mann mich zu der Untersuchung begleiten konnte. Der Radiologe war super nett und erfahren. Er tastete meine Brust zunächst ab und machte auch einen Ultraschall. Er erklärte mir, dass er tagtäglich mit Krebspatienten zu tun hat, und dass das, was ich da ertastet hatte, sich weder anfühlte, noch aussah wie Krebs und er daher noch nicht einmal eine Mammographie durchführen wollte. Das war für mich wie Geburtstag und Weihnachten zusammen! Mein Knoten war einfach eine Verhärtung im Drüsengewebe, was völlig harmlos war. Ich muss es bloß im Auge behalten und bei den Routineuntersuchungen von meiner Gynäkologin beobachten lassen. Was für eine Erleichterung!!!

Vor allem freute ich mich, dass der weiteren Kinderwunschbehandlung nun nichts mehr im Weg stand. Das hatte ich den Radiologen extra gefragt, wegen der ganzen Hormone und so. (Bescheuerterweise hatte ich mir tatsächlich mehr Sorgen um die Familienplanung gemacht, als um mich selbst. So verzerrt war meine Wahrnehmung schon.) Und als meine nächste Periode einsetzte, konnten wir mit dem unterstützen Zyklus beginnen. Diesmal musste ich ab dem zweiten Zyklustag eine Tablette nehmen und nach nur zwei Kontrollultraschalls war meine Schleimhaut bereit. An meinem 30. Geburtstag wurden alle vier übrigen Embryonen aufgetaut. Wenn das kein gutes Zeichen war! Vier Tage später beim Transfer erfuhr ich, dass zwei Embryonen wieder abgestorben waren und die zwei übrigen, von mäßiger Qualität waren. Sie wurden mir aber dennoch beide eingesetzt. Ich hatte sofort ein ganz schlechtes Gefühl. Diesmal war der negative Schwangerschaftstest keine Überraschung. Ein Schlag in die Magengrube war er dennoch, denn ich wollte einfach nicht begreifen, dass keiner der kryokonservierten Embryonen es geschafft hatte. Unsere gefühlte Versicherung auf ein zweites Kind, die ganz nebenbei bemerkt natürlich auch mehrere Hundert Euro Kosten verursacht hatte, war fehlgeschlagen. Das fiel mir richtig schwer einzusehen. 

Objektiv betrachtet ist auch ein zweiter Fehlschlag kein Beinbruch, aber es war für mich die erste, ultimative Probe meines Kinderwunsches. Zum ersten Mal kam ein leiser Zweifel auf. Vielleicht war da doch keine kleine Kinderseele, die auf uns wartete? Auf jeden fall hatte ich die Verbindung zu ihr verloren. Vielleicht sollten wir es gar nicht mehr versuchen? Um es weiter zu probieren mussten wir jetzt fast ganz von vorne anfangen. Das TESE-Material von meinem Mann war zwar noch da, aber wir mussten eine ganz neue Bewilligung der Krankenkasse beantragen und deshalb wurde uns eine Zwangspause auferlegt, bis wir weitermachen konnten. 

 

Fortsetzung folgt...

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