Ich war nach dem Transfer sehr zuversichtlich und optimistisch gestimmt. Tief in meinem Innern war mir klar, dass es geklappt haben muss. Aber ein Rest Unsicherheit blieb natürlich noch. Wie vertreibt man sich am besten diese Zeit? In meinem Fall habe ich mir jedes YouTube-Video, dass ich zu dem Thema "Wie habe ich erfahren, dass ich schwanger bin" finden konnte, angeschaut. Viele Frauen berichten, dass sie einfach wussten, dass sie schwanger waren. So war es bei mir nicht. Ich horchte dauernd in meinen Körper hinein, auf der Suche nach frühen Schwangerschaftssymptomen. Ziehen im Bauch oder den Brüsten hatte ich nicht. Hungergefühl und Müdigkeit hatte ich schon vorher durch die Stimulation gehabt. Generell konnte ich ja nie sagen, welche Anzeichen von mir selbst kamen, und welche durch die Hormoneinnahmen. Denn auch wenn das Spritzen nun ein Ende hatte, musste ich nun Tabletten nehmen (teilweise vaginal - sehr unangenehm...). Weiterhin stand ich also unter dem Einfluss synthetischer Hormone, die genauso gut der Auslöser für jedes Zipperlein sein konnten. Ich lud mir vorsorglich schon mal eine schwangerschafts-App herunter, um jeden winzigen Schritt der Einnistung digital mitverfolgen zu können. Außerdem bemühte ich mich natürlich ganz besonders gesund zu essen und gewöhnte mir mein Suchtmittel Cola light ab. Außerdem ging ich auch wieder zur Arbeit, was eine sehr gute Ablenkung war. In der Zeit fand mein Recurrent-Training statt, das Flugbegleiter einmal jährlich absolvieren müssen. Wie simulieren da alle möglichen Notfälle, von Evakuierungen, über Notwasserungen bis hin zu Bränden an Bord und erste Hilfe. Ich hatte schon ein bisschen Angst, dass das Adrenalin, das bei solchen Übungen natürlich ausgestoßen wird, negative Auswirkungen haben könnte. Und dann hatte ich auch noch einen regulären Flugdienst, bei dem ich nach Leipzig und Basel fliegen musste. Das waren Kurzstrecken mit eher niedriger Flughöhe, was weniger kosmische Strahlung bedeutete. Eigentlich verrückt, dass ich mir darum Sorgen machte, denn einen Flug als Tourist hätte ich ja auch mitmachen können, ohne das sofort eine Gefahr für eine Schwangerschaft bestanden hätte. Aber wie das als Frau so ist: Man nimmt seinen Körper und damit auch den Kinderwunsch überall mit hin und kann sich keine Auszeit davon nehmen.
Ganz im Gegensatz zu den Männern. Mein Mann konnte sich an den Computer setzen und zocken oder seine Kumpels treffen oder zur Arbeit gehen und dabei überhaupt nicht an die Kinderwunschbehandlung denken. Beneidenswert, aber für die Frau unmöglich, die dreimal täglich Tabletten nehmen muss und auch dazwischen nicht vergessen kann, warum sie das tut, denn jedes winzige Ziehen wird analysiert und interpretiert. Und in Gedanken richtet sie schon heimlich das Kinderzimmer ein und stellt sich vor, wie das Kind aussehen wird.
An meinem 28. Zyklustag wollte ich zu Hause testen, vier Tage vor dem Bluttest in der Klinik. Ich gehöre zu der ungeduldigen Sorte und hatte mich daher schon längst mit einem Doppelpack Schwangerschaftstests eingedeckt. Einen Tag, bevor ich testen wollte, kippte meine Stimmung. Ich lauschte ganz genau auf alle Signale meines Körpers. Ich fühlte mich aber kein bisschen anders als sonst. Wenn sich da etwas eingenistet hätte, müsste es mir doch irgendwie anders gehen, oder? Ich war allerdings vorher noch nie schwanger gewesen, woher sollte ich also wissen, wie sich das anfühlt? Ich war mir zu diesem Zeitpunkt ziemlich sicher, dass es ein Fehlschlag war. Ich tröstete mich schon damit, dass wir ja noch Embryonen eingefroren hatten und dass uns noch zwei weitere "Frischversuche" von der Krankenkasse finanziert werden würden.
Wir hatten nämlich das Glück, dass unsere Krankenkasse drei Versuche zu 100% bezahlt, vorausgesetzt beide Partner sind dort versichert (Ich war deswegen extra zur Kasse meines Mannes gewechselt) und dass bestimmte andere Bedingungen (verheiratet, Mann nicht älter als 50, Frau nicht älter als 40, Arzt sieht Chance auf Erfolg) erfüllt sind. Ausgenommen davon sind zum Beispiel die Kryo-Versuche und das Einfrieren von Material allgemein, so wie auch die Langzeitkultur der befruchteten Eizellen. Auch wenn diese Leistungen mehrere Hundert Euro kosten, sind sie immer noch günstiger als eine ganze ICSI, von daher ist diese Regelung schon in Ordnung. Auch wenn es ganz allgemein eine riesengroße Frechheit ist, dass Paare, die schon genug leiden müssen, weil sie diese Strapazen auf sich nehmen müssen, um eine Familie zu gründen, auch noch finanziell so stark gefordert werden. Aber das ist ein ganz anderes Thema und könnte mindestens einen eigenen Blog-Eintrag füllen.
Dann kam der 02.06.2017 und ich machte den Urintest zu Hause. Mein Mann war schon zur Arbeit gegangen und ich war alleine zu Hause. Ich weiß noch ganz genau, wie ich gezittert habe auf der Toilette. Mir war ganz schlecht vor Aufregung. Und dann, noch lange bevor die auf der Packung angegebene Zeit abgelaufen war, zeigte sich ein deutlicher, zweiter Strich in dem Fensterchen. Ich konnte es kaum glauben. Es hatte tatsächlich funktioniert! Oh mein Gott! Ich war schwanger! Aber ich war alleine zu Hause und wusste nicht wohin mit meiner Freude. Meinen Mann konnte ich bei der Arbeit nicht anrufen, also schickte ich ihm als erstes eine SMS. Und wie es dann weiter ging, schreibe ich im nächsten Blog.
Fortsetzung folgt...
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